Am 15. Dezember ist es auch im verschlafenen Provinzstädtchen Bonn soweit: Dann versuchen ein paar Idioten, einem vermeintlichen Erfolgsrezept folgend, Rassisten, Nazis, rechte Hooligans und andere besorgte Bürger unter einem infantil anmutenden Kürzel auch hier auf die Straße zu bringen. Als Vorbilder gelten ihnen die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), die wenige Wochen zuvor noch die Kölner Innenstadt zerlegten, um angeblichen Salafisten zu zeigen, wie anständige Deutsche sich zu benehmen haben, und die Neonazis und Rassisten von PEGIDA („Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes“), die in der vergangenen Woche in Dresden den größten Naziaufmarsch seit vielen Jahren auf die Beine gestellt haben.
Obwohl Dresden einen Ausländeranteil von verschwindend geringen 4,7% hat, halluziniert sich das Bündnis aus Abgehängten und Fremdenfeinden eine “Überfremdung” herbei. Der Veranstalter der PEGIDA-Demo in Dresden, Lutz Bachmann, ist ein mehrfach vorbestrafter Einbrecher und Drogenhändler, der sich seiner Strafe auch schon mal als Justizflüchtling in Südafrika zu entziehen versuchte und damit der lebende Beweis, dass es in der Tat kriminelle Flüchtlinge in Dresden gibt. Auch wenn er und die Suffköppe und Vereinsmeier von PEGIDA und HoGeSa sich diese sicher anders vorstellen. Der Anmelder der HoGeSa-Krawalle in Köln war der stellvertretende Vorsitzende von Pro NRW, Dominik Roeseler. Gegen Pro Köln laufen immer noch umfangreiche Ermittlungsverfahren wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges, bei dem schätzungsweise über 100 000 Euro an Steuergeldern unrechtmäßig eingestrichen wurden.
Das Ausmaß an aggressivem Stumpfsinn und Gewaltbereitschaft, das sich im Rahmen von HoGeSa, PEGIDA und sonstigen Schlagwörtern offenbart, die eigentlich gar keine sind, und deren einziger Zweck wohl darin besteht, sie auch im Vollrausch noch daherlallen zu können, ist ebenso erschreckend wie symptomatisch für Deutschland im Jahr 2014, wo sich zu beinahe jedem neu einzurichtenden AsylbewerberInnenheim der Mob organisiert.
So dümmlich und durchschaubar das Ganze auch daherkommt, große Teile der deutschen bürgerlichen Presse erweisen sich einmal mehr als noch dümmer, indem sie den Beteuerungen der Veranstalter, es handele sich hier um besorgte Bürger und “Islamkritiker”, die doch nur christliche Werte verteidigen würden, in Teilen unreflektiert oder gar vorsätzlich übernehmen. So war im Zusammenhang mit den Neonaziaufmärschen dieser Tage meist die Rede davon, dass sich auch Rechtsextreme unter die Protestierenden gemischt hätten. Im Gegenteil kann behauptet werden, dass jede Bürgerin und jeder Bürger, die oder der länger als fünf Minuten an einer Versammlung teilnimmt, deren vornehmliche Parolen wie bei den Krawallen in Köln „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ oder „frei, sozial und national“ lauten, sich unweigerlich selbst als Neonazi-Sympathisant qualifiziert.
Abendländische Werte wie das Zelebrieren öffentlicher Alkoholexzesse in Verbindung mit rassistischer Randale und Naziparolen zeigen, dass die selbst ernannten Wächter der deutschen Ordnung so weit entfernt von ihrem proklamierten Feindbild, den Salafisten, gar nicht sind: Ihr gemeinsamer Nenner ist die Barbarei.
Darüber hinaus erfordert es auch keine allzu große geistige Anstrengung, zu durchschauen, worum es den vermeintlichen Kreuzrittern, die wie ihre historischen Vorbilder oftmals nicht richtig lesen und schreiben können, in Wirklichkeit geht: Nicht um eine (dringend notwendige) auf Emanzipation abzielende Kritik am Islamismus, sondern um ein Transportmittel für das Ressentiment gegen alles vermeintlich Fremde, allen voran AsylbewerberInnen.
Bei aller Widerwärtigkeit solcher Positionen sollte jedoch Wert darauf gelegt werden, die Tragweite solcher Zusammenrottungen angemessen zu beurteilen. Ebenso schlecht wie eine Bagatellisierung von Neonazismus – wie sie immer wieder durch das politische Establishment zwecks Verteidigung des Standorts vorgenommen wird – ist eine vorauseilende Überhöhung der Relevanz von Neonazis. Denn auch letztere spielt diesen propagandistisch in die Hände und macht zudem die eigene Position unglaubwürdig, sollte man falsch liegen. Ob BOGIDA die Bezeichnung einer „Bewegung“ verdient, wie die Linksparteijugend behauptet, bleibt abzuwarten. Darüber hinaus sollte der grassierende Rassismus in Amtsstuben, in der Politik und bei der Polizei nicht vergessen werden. Die Straße und zumal die Aufwallungen sozial Abgehängter – und seien sie noch so gewaltaffin – sind nur ein kleines Rädchen in der Maschinerie.
Nichtsdestotrotz ist es selbstverständlich geboten, sich den Höhlenmenschen von BOGIDA entgegenzustellen.
Treffpunkt für die Gegenaktivitäten ist am Montag, 15. Dezember, um 17:30 Uhr am Kaiserplatz.
Aufruf unterstützt von der Gruppe Phoenix, der Anarchistisch Syndikalistischen Jugend (ASJ) Bonn und der Liste Undogmatischer StudentInnen (LUST)