Neues zu den Zuständen im Flüchtlingslager Burbach

Nachdem wir am Montag, 27. Juni, bereits einen detailliertes Protokoll über die Aussagen zweier Geflüchteter aus der Flüchtlingsunterkunft in Burbach veröffentlicht hatten, in dem diese schwere Anschuldigungen gegenüber Mitarbeitern besagter Unterkunft erhoben haben (siehe hier), folgt hier nun ein weiterer Bericht über die Entwicklungen und Erkenntnisse, die sich im Anschluss an die Veröffentlichung des Berichts ergaben.
Wir halten die Zeugen weiterhin für glaubwürdig und die Reaktionen aus Burbach und teilweise auch der Bezirksregierung scheinen diese Annahme weiter zu untermauern. Die Zeugen werden derzeit weiter privat untergebracht, da sich die Bezirksregierung trotz eines bereits vor über einer Woche an sie gerichteten Antrags der Anwältin, die die beiden Zeugen mittlerweile vertritt, bisher nicht in der Pflicht zu sehen scheint, für eine angemessene Unterbringung während der laufenden Ermittlungen zu sorgen. Dies steht im deutlichen Widerspruch zum mehrfach und nachdrücklich betonten Aufklärungswillen seitens der Bezirksregierung und lässt starke Zweifel an deren Aufrichtigkeit aufkommen.
Im Folgenden soll eine möglichst chronologische Abfolge dessen geliefert werden, was nach der ersten Veröffentlichung der Zeugenaussagen geschah.
Bereits kurz nachdem wir die Berichte auf unserer Website öffentlich zugänglich gemacht hatten, regte sich ein gewisses Medieninteresse an dem Fall und auch die Bezirksregierung nahm von sich aus Kontakt zu uns auf. Nachdem interessierte JournalistInnen mit Nachfragen zu unseren Erfahrungen mit den beiden Zeugen sowie dem Mitarbeiter der Bezirksregierung, der die ersten Ermittlungen durch eine Anzeige bei der Polizei veranlasst hatte, an uns herangetreten waren, wurden ihnen gegenüber aus der Burbacher Einrichtung heraus Äußerungen getätigt, die die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen sowie des Mitarbeiters der Bezirksregierung in starke Zweifel zogen. So wurde etwa behauptet, dass der Mitarbeiter der Bezirksregierung (im vorherigen Bericht als Herr X. bezeichnet) bereits seit Wochen suspendiert oder zwangsversetzt sei und er sich wohl daher mit seiner Anzeige rächen wolle. Alle Anschuldigungen seitens der Zeugen würden jeglicher Grundlage entbehren, die beiden Zeugen seien in organisierte kriminelle Aktivitäten verstrickt und wollten mit den jetzigen Anschuldigungen bloß ihren Kopf aus der Schlinge ziehen und ihren Aufenthalt in Deutschland angesichts eines negativ verlaufenen Asylbegehrens verlängern. Auch ließ die Bezirksregierung in einer offiziellen Stellungnahme verlautbaren, dass die Ermittlungen ihrer hauseigenen „Taskforce“ ergebnislos geblieben seien.

Diese ersten Reaktionen führten u.a. zu zwei wirklich nur als tendenziös zu bezeichnenden Artikeln in der „Siegener Zeitung“, wo u.a. der Bewa-Chef lang und breit erklären durfte, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Zudem malte auch er die beiden Zeugen in einem äußerst negativen Licht. Der WDR berichtete in einem Onlineartikel, den Beiden würden laut Mitarbeitern der Burbacher Unterkunft um die 30 Diebstähle zu Last gelegt. In einem Fernsehbeitrag der Lokalzeit Siegen kam der Ehrenamtskoordinator und ehemalige Siegener Polizist Herr Ginsberg ausführlich zu Wort, der sich sehr negativ über die beiden Zeugen äußerte und nahlegte, dass sie mit den Anschuldigungen den Zweck verfolgen könnten, ihre bevorstehende Abschiebung hinauszuzögern.

Die Behauptung, dass den Zeugen rund 30 Diebstahlsdelikte zur Last gelegt würden, ließ sich auf Anfrage der die beiden vertretenden Anwältin bislang zumindest nicht bestätigen. Die Behauptung, Herr X. sei seit Wochen versetzt oder suspendiert, stellte sich nach kurzer Recherche als Falschinformation heraus. Ein Pressesprecher der Bezirksregierung bestätigte auf Nachfrage, dass dem nicht so sei.
Hier stellt sich die Frage, warum offenkundige Lügen ins Feld geführt werden, um die Glaubwürdigkeit derjenigen zu unterminieren, deren Anschuldigungen angeblich jeglicher Grundlage entbehren würden.

Nach der Veröffentlichung unseres ersten Textes erlangten wir Kenntnis darüber, dass in zahlreichen vom DRK betriebenen Flüchtlingsheimen die Sicherheitsfirma Bewa tätig sei. Das DRK als Betreiber der Heime vergibt die Aufträge für die Sicherheitsdienste selbst. Es wurde die Vermutung geäußert, dass die Beauftragung der Bewa systematisch geschehe. Außerdem wurden wir auf den uns bis dato nicht bekannten Umstand aufmerksam, dass es einige bemerkenswerte personelle Überschneidungen zwischen Bewa und DRK gibt: So war etwa der jetzige DRK-Leiter der Burbacher Unterkunft, Herr H., der auch in unserem ersten Bericht kurz auftaucht, zuvor der stellvertretende Bewa-Objektleiter in einer anderen Unterkunft. Der jetzige stellvertretende DRK-Leiter in Burbach ist der ehemalige Bewa-Objektleiter einer Unterkunft. Außer diesen beiden uns bekannten Personalien soll es noch weitere dieser Art geben, was die Frage aufwirft, ob die enge personelle Nähe zwischen Bewa und DRK in einem Zusammenhang mit der Vergabe der Aufträge an das Sicherheitsunternehmen steht. Die Bezirksregierung wollte sich auf die Nachfrage, ob ihr diese Umstände bekannt seien, nicht äußern. Stattdessen äußerte sich ein Sprecher der Bezirksregierung in einem Telefonat mit uns dahingehend, dass wir, wenn uns denn an einer Aufklärung der erhobenen Anschuldigungen gelegen sei, uns doch direkt an die Bezirksregierung und nicht an die Öffentlichkeit hätten wenden sollen.

Außer den o.g. engen personellen Verflechtungen zwischen DRK und Bewa bekamen wir auch Hinweise darauf, dass an die Bezirksregierung gerichtete Beschwerden etwa über das Verhalten von Sicherheitsbediensteten in der Vergangenheit unbeantwortet blieben und dass dem DRK gemeldete Beschwerden etwa über rassistische Äußerungen von Sicherheitsbediensteten der Bewa mit der Aussage begegnet worden sei, dass dies keinesfalls „nach außen“ gelangen dürfe: Weitere Indizien dafür, dass es mit dem erklärten Aufklärungswillen möglicherweise nicht allzu weit her ist. Zur Erinnerung: Die hier nun in Frage stehenden Sachverhalte wurden sowohl der Polizei als auch der Bezirksregierung bereits Anfang Juni angezeigt, am 8. Juni bereits habe die „Taskforce“ der Bezirksregierung mit ihren Ermittlungen begonnen.
Im Zusammenhang mit den Übergriffen, Körperverletzungen und Freiheitsberaubungen durch Sicherheitsbedienstete in Burbach 2014 laufen immer noch Ermittlungen gegen 52 Personen, darunter Sicherheitsbedienstete, Mitarbeiter der Bezirksregierung sowie Polizeibeamte.

Während die Bezirksregierung als Reaktion auf die 2014 bekannt gewordenen Übergriffe damals noch vollmundig verlauten ließ, dass ab sofort strenge Standards für in Flüchtlingsunterkünften beschäftigte Sicherheitsbedienstete gelten sollten (siehe hier), legt ein Presseartikel aus der Welt vom 9. Juni nahe, dass dies mitnichten der Fall sei (siehe hier).
Aufgrund der oben beschriebenen Umstände entsteht mittlerweile zunehmend der Verdacht, dass es ohne den Druck einer kritischen Öffentlichkeit nicht zu einer Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe kommen wird. Auch vom Ausgang der Ermittlungen bezüglich der mutmaßlichen Entführung und Vergewaltigung einer Geflüchteten durch Sicherheitsbedienstete in Burbach abgesehen, ergibt sich uns ein äußerst desolates Bild der dortigen Zustände.

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