Schwere Vorwürfe bezüglich der Flüchtlingsunterkunft Burbach: Die Bezirksregierung legt nach

Nachdem uns soeben eine weitere E-Mail aus der Pressestelle der Arnsberger Bezirksregierung erreichte, in der implizit mit rechtlichen Schritten gedroht wird, sofern wir keine Gegendarstellung zu unserem jüngsten Bericht über die Entwicklungen im Fall Burbach veröffentlichen, sehen wir uns dazu gedrängt, dem mit einer weiteren Stellungnahme inklusive der sog. Gegendarstellung nachzukommen.
Im Folgenden dokumentieren wir einen Text, den ein Mitarbeiter des Pressedezernats der Bezirksregierung Arnsberg uns gestern zusandte – verbunden mit der Aufforderung (inklusive zeitlichem Ultimatum), ihn zu veröffentlichen.
Entsprechend der in der Mail eingeforderten Vollständigkeit befinden sich im Anhang dieses Text eine Reihe von Screenshots eines spätabendlichen Schlagabtauschs auf Twitter u.a. zwischen dem Account „Karie Muster“, von dem aus unsere letzte Stellungnahme geteilt wurde, und der Bezirksregierung – mutmaßlich derselbe Volontär Hahn, der bislang von der Bezirksregierung damit beauftragt scheint, den Fall Burbach zu bearbeiten: ein weiteres Indiz dafür, wie wenig ernst die Bezirksregierung die Aufklärung der schweren Anschuldigungen von Entführung, Vergewaltigung, durch Mitarbeiter des Lagers organisierter Prostitution und dem systematischen Unterlaufen der Unterbringungsstandarts in der Einrichtung nimmt.

Ein paar Vorbemerkungen zum Text: Im Telefonat vom 6. Juli, auf das in der unten stehenden „Gegendarstellung“ Bezug genommen wird, wurde die Bezirksregierung, die sich vermittels ihres Pressevolontärs uns gegenüber bisher vorrangig mit Beteuerungen hinsichtlich ihrer Motivation zur Aufklärung der Vorwürfe hervorgetan hat, dazu aufgefordert, ihrem vorgeblichen Aufklärungswillen doch damit Nachdruck zu verleihen, sich endlich um eine angemessene Unterbringung der Zeugen zu bemühen, die aufgrund der Bedrohungen und Schikanen durch Sicherheitsbedienstete keinesfalls mehr in eine Massenunterkunft zurückwollen.
Daraufhin wurde – wie unten angegeben – entgegnet, nicht die Bezirksregierung sei zuständig für die Erteilung einer Duldung sondern die ZAB Bielefeld (Zentrale Ausländerbehörde). Dieses Versteckspiel hinter bürokratischen Zuständigkeiten mutet angesichts der angeblich hohen Motivation zur lückenlosen Aufklärung der im Raum stehenden Beschuldigungen sonderbar an und dementsprechend wurde die Bezirksregierung aufgefordert, in diesem Fall doch selbsttätig an die ZAB heranzutreten, um eine Duldung zu erwirken, die die Voraussetzung für eine Unterbringung durch die Bezirksregierung sei. Dieser Aufforderung wurde mit beredtem Schweigen begegnet. In der Folge stellte die die beiden Zeugen vertretende Anwältin den Antrag, den sie zuvor an die Bezirksregierung gerichtet hatte, dann auch auch die ZAB.

Die unten stehende Behauptung des Pressedezernats, die beiden Zeugen seien „untergetaucht“, erscheint angesichts der Tatsache, dass die Anwältin der beiden vor nun bereits fast zwei Wochen sowohl Kontakt zur Bezirksregierung als auch zur Siegener Polizei und Staatsanwaltschaft aufgenommen hat, als sehr weit hergehohlt.
Die in der „Gegendarstellung“ erhobene Behauptung, wir würden uns des Austausches verweigern, erachten wir für unzutreffend, da sowohl der detaillierte Bericht der Zeugenaussagen sowie die zwei geführten Telefonate und auch der zweite Bericht u.a. über die Verleumdungen gegenüber den Zeugen sowie dem Whistleblower und Mitarbeiter der Bezirksregierung für die sog. „Taskforce“ der Bezirksregierung mehr als genug Ansatzpunkte für eigene Ermittlungen bieten dürften.

Dies ist der Text, den die Pressestelle der Arnsberger Bezirksregierung uns gestern zusandte:
„Guten Tag Herr Kowitzke,

Ich gehe mal davon aus, dass Sie folgende Gegendarstellung als eigenständigen Beitrag in ihrem Blog und als eigenständigen Post auf der Welcome Bonn Facebook-Seite bis Montagabend (11.7.2016), 20 Uhr, unverändert und ungekürzt veröffentlichen werden.

Gegendarstellung zum Beitrag “Neues zu den Zuständen im Flüchtlingslager Burbach”

Die beiden mutmaßlichen Zeugen albanischer Herkunft sind vollziehbar ausreisepflichtig. Damit ergibt sich eine Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörden, in diesem Falle der Stadt Bielefeld und nicht der Bezirksregierung Arnsberg. Das ist der Flüchtlingshilfe Welcome Bonn e.V. in einem Telefonat am 6. Juli mitgeteilt worden. Ebenfalls wurde der Flüchtlingshilfe mitgeteilt, dass eine Unterbringung der mutmaßlichen Zeugen, die derzeit untergetaucht sind und sich damit illegal in Deutschland aufhalten, in der ihnen zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft des Landes jederzeit möglich ist. Wir widersprechen nachdrücklich der Behauptung, uns sei nicht an einer Aufklärung gelegen. Wiederholt hat die Bezirksregierung Arnsberg der Flüchtlingshilfe Gesprächsangebote zur weitergehenden Klärung der Vorwürfe gemacht, die jedoch seitens Welcome Bonn e.V. abgelehnt wurden. Das Einschalten einer kritischen Öffentlichkeit ist im Sinne der Bezirksregierung Arnsberg. Die Landesbehörde möchte den Fall gründlich und transparent aufklären. Jedoch gehört dazu auch die Kommunikation von Zeugen mit den Behörden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellen sich die Vorwürfe gegenüber Mitarbeitern des DRK und des Sicherheitsdienstes für die Bezirksregierung Arnsberg weiterhin als haltlos dar. Mögliche Zeugen der Taten werden daher erneut darum gebeten, sich schnellstmöglich mit den ermittelnden Behörden und der Bezirksregierung in Verbindung zu setzen. Die Vorwürfe lassen sich nur durch eine gemeinsame Zusammenarbeit wirklich lückenlos aufklären!

—-
Gruß,
Benjamin Hahn

Bezirksregierung Arnsberg
Dezernat 11 – Pressestelle
Seibertzstraße 1
59821 Arnsberg
Telefon: +49 2931 82-2123“

Nun ein paar abschließende Worte zum angehängten Twitter-Austausch:

Nachdem Twitter-User „Karie Muster“ unseren Bericht geteilt hatte, erfolgten eine Reihe Antworten vom offiziellen Twitter-Account der Bezirksregierung, in denen diese die Aufforderung, sich doch nachdrücklich darum zu bemühen, bei der ZAB Bielefeld die Erteilung einer Duldung für die Zeugen während der laufenden Ermittlungen zu erwirken, damit beantwortete, man wolle den Eindruck der „Einflussnahme“ vermeiden. Gleichzeitig wurde jedoch behauptet, man habe bisher einen „Haftbefehl wg. ill. Aufenthaltes verhindern können“, was einen interessanten Einblick in die vermeintlichen Befugnisse der Bezirksregierung liefert, die aufgrund ihrer Neutralität nicht in der Lage sei, den kurzen Dienstweg zur ZAB Bielefeld zu beschreiten, jedoch stattdessen Kontrolle über die Polizei ausübe.

Außerdem antwortet die Bezirksregierung auf einen anderen Tweet – sich offenbar in einer Art von (Selbst?)Ironie versuchend – mit der Youtube-Verlinkung eines Reinhard-Mey-Liedes, dessen Text sich über Bürokratie und Bürger zu belustigen trachtet. Vor dem Hintergrund der ernsten Lage und der Schwere der im Raum stehenden Vorwürfe, lässt sich Derartiges wohl nur als Geschmacklosigkeit bezeichnen.

0 comments
0 likes
Prev post: Neues zu den Zuständen im Flüchtlingslager BurbachNext post: Zweites „Offenes Atelier“ für Geflüchtete in der Poliklinik

Related posts

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *